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Nachruf auf meinen Freund Sherman Smoot

- von Gerhard Schmid -

"Veteran Pilot killed in vintage airplane crash in Kern County"...

Schlagzeilen wie diese vom vergangenen Freitag habe ich im Laufe der Jahre viele gelesen, doch schnell im Trubel des Alltags wieder vergessen. Diesmal ist für mich alles anders: Der in dieser Meldung von KBSY genannte Pilot war Sherman Smoot und ich darf ihn mit Stolz einen Freund nennen. Der Beginn dieser Freundschaft liegt im Jahr 2000, als Sherman bei den Reno Air Races mein Interviewpartner war.

Die Besten der Besten sitzen in den Cockpits dieser bis zu 800 km/h schnellen Rennmaschinen, wahre Helden, aus meiner damaligen Sicht als Segelflugschüler. Ich sollte also gleich einen dieser Super-Piloten treffen... Umsonst war meine Aufregung - Sherman war ein super lockerer Typ, der mir alles erklärt und viel gelacht hat. Am Ende lud er mich spontan auf sein Weingut in Kalifornien ein.

Zahlreiche Besuche und Gegenbesuche haben in den darauf folgenden 22 Jahren eine tiefe Freundschaft entstehen lassen. Ob auf Sherman's "Bella Luna Winery" in Kalifornien oder in den Allgäuer Alpen - wir hatten wunderbare Zeiten, Sherman, seine Frau Laurie, meine Frau Petra, ich... und immer waren noch weitere Freunde dabei. Dabei fällt mir der Vergleich zu einem Sonnensystem ein, denn irgendwie kreisten immer alle um Sherman, der mit seiner ganz besonderen Ausstrahlung, seiner Energie, seinem Humor und seinen manchmal derben Witzen alle Anwesenden in seinen Bann zog.

Bei einem unserer Treffen im Allgäu habe ich Sherman das Steuer meines Autos überlassen. Wir fuhren auf der A7 in Richtung Österreich, um dort in den Bergen ein paar Tage auf der Berghütte unserer Freunde Charly und Hans zu verbringen. Autobahn in Deutschland - kein Tempolimit!!! zaghaft drückte er das Pedal, doch schneller als 140 war ihm sichtlich nicht geheuer. Sherman, der für die US NAVY F-4 Phantom auf dem Flugzeugträger USS Ranger flog und mit 700 km/h Unlimited-Rennflugzeugen um den Pylon-Kurs in Reno jagte... sein Element war die Luft.

Als Vollblut-Pilot liebte Sherman jede Kategorie Flugzeug. Im Militärdienst saß er im Cockpit von F-4 und S-3 Viking auf Flugzeugträgern, er war Einflieger, Erprobungspilot und Ausbilder. Seine anschließende Laufbahn in der zivilen Luftfahrt führte Sherman mit Continental Airlines zu Flughäfen in aller Welt, zuletzt als Kapitän auf Boeing 777. Seine besondere Leidenschaft waren aber historische Propellerflugzeuge. Mit dem Eintritt in den Ruhestand konnte er dieser wieder mehr Raum geben, ob als Chefpilot der C-47 "Betsy's Biskuit Bomber" und Präsident beim Estrella Warbird Museum in Paso Robles oder am Steuer seiner privaten T-28 Trojan, auf der er mir mit viel Geduld 2009 ein Bi-Annual Flight Review abnahm. Mustangs, Sea Furies, Sherman flog sie so selbstverständlich wie ich eine Cessna 172... und dann waren da noch die Reno Air Races - und "Czech Mate"...

Der September war in Shermans Kalender stets für die Reno Air Races reserviert, wo er zunächst in der T-6 Class und ab 1997 in der Unlimited Class flog. Sherman war Präsident der Unlimited Class und Einweiser für neue Racingpiloten. Höhepunkt der Rennwoche sind ganz unbestritten die "Unlimiteds", die Königsklasse, in der die getunten Warbirds fliegen. Dann zwängte sich Sherman in das enge Cockpit dieser im Vergleich zu den Mustangs und Sea Furies auffallend kleinen Yak-11 "Czech Mate".

Wer "Czech Mate" nicht kennt, sollte sich ein paar Minuten Zeit nehmen und recherchieren. In der 58jährigen Historie der Reno Air Races gab es nur wenige derart extrem modifizierte Unlimited-Rennflugzeuge - und ebensowenige Piloten, die über das Können und die Nerven verfügen, solche Maschinen zu fliegen. Sherman war einer dieser Wenigen. Ich habe mich oft gefragt, wie es wirklich in ihm aussieht, wenn er auf der Startbahn die winzige, gerade den Helm umschließende Cockpithaube geschlossen und den Gashebel nach vorn geschoben hat. Nach außen hin jedenfalls erweckte Sherman den Anschein, als wäre es die normalste Sache der Welt, dieses PS-Monster zu fliegen. Dabei hatte ihm das Biest 1998 schon einmal die Zähne gezeigt, als ein kapitaler Motorschaden während des Rennes zu einer Bruchlandung führte. Vor den Augen tausender Zuschauer auf den Tribünen brachte er die brennende Maschine zu Boden und entstieg ohne einen Kratzer der arg mitgenommenen "Czech Mate".

Stets hat Sherman der Diva "Czech Mate" ihre Allüren verziehen, hat sich immer wieder in das enge Cockpit gezwängt. 2022 sollte die letzte Rennsaison werden. Schon weil er selbst inzwischen mit 74 Jahren nicht mehr der Jüngste war - Zeit, es etwas ruhiger angehen zu lassen und mehr Zeit mit seiner Frau Laurie, der Familie mit Kindern und Enkelkindern zu verbringen... Nach weiteren Modifikationen und mit neuem Motor war "Czech Mate" nun schnell genug für den Sieg im Unlimited Gold - und Sherman bereit, das Ende seiner Racing-Karriere mit der einrucksvollen Siegestrophäe zu krönen.

Am 2. September schob Sherman auf dem Flugplatz Minter Field den Gashebel nach vorn um den ersten Testflug mit dem neu überholten R-2800 Motor aus einer F4U Corsair zu absolvieren. Kurz nach dem Abheben und nur etwa eine halbe Meile vom Flugplatz entfernt meldete Sherman über Funk den Verlust des Öldrucks, augenblicklich verlor der Motor seine Leistung. Wer dieses Flugzeug einmal beim Start gesehen hat, der kann sich die folgenden Sekunden ausmalen: Die kleinen Tragflächen der "Czech Mate" liefern nur genug Auftrieb, solange die mächtige Luftschraube für viel Vortrieb sorgt. Für die vier riesigen Schaufeln des von einer Douglas Skyraider entliehenen Propellers gibt es keine Segelstellung. Steht der Motor, wirken sie wie vier gewaltige Luftbremsen.

Höhe ist Sicherheit, Geschwindigkeit ist Sicherheit, so heisst es oft in der Fliegerei. Sherman hatte nichts von beidem, in diesem Moment. Hilflos mussten seine Frau Laurie und das "Czech Mate" Team miterleben, wie die Maschine mit ihrem Piloten im Cockpit gleich neben dem Flugplatz aufschlug.

Fünf Tage sind nun vergangen seit Shermans Frau Laurie mich angerufen hat um mir die furchtbare Nachricht zu überbringen. Ich schreibe diese Zeilen während ich es noch immer nicht begreifen kann, dass mein Freund nur noch in meinen Erinnerungen fortleben wird, dass wir nie wieder am Lagerfeuer in den Alpen mit seinem vorzüglichen Wein "Fighter Pilot Red" anstoßen werden, dass dieser strahlende Stern im Zentrum unseres kleinen Sonnensystems erloschen ist. Und dass gerade ihm so etwas passieren musste. Sherman, der jedes Flugzeug beherrschen konnte...

Hätte er selbst diese Zeilen verfasst, würde Sherman mit den Worten schließen: "Blue Skies - and hold my beer!".

Sherman, Du wirst uns sehr fehlen!

 

 

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